Warum die DECT Technologie ein "Hidden Champion" ist
27. März 2013 Veröffentlicht von Jana GreylingManchmal ist es für einen Ingenieur wie mich nicht einfach. Gerade im technischen Bereich, bzw. dem Gebiet der funktechnischen Standards, auf dem ich mich seit Jahren bewege, geht es in den letzten Jahren nur noch um höher, schneller, weiter. Meistens ist dieser Anspruch an neue und dynamisch-klingende, Technologien wie WiFi, ZigBee oder Z-wave geknüpft. Kurzum: Technologie muss sexy und neu sein, damit Sie sich verkauft und akzeptiert wird – denn „alt“ kann per se nicht gut sein.
Genau wenn eine Diskussion an diesen Punkt kommt, frage ich mich, als der Ingenieur, der ich bin, was bitte ist dann mit der DECT-Technologie, bzw. Dem DECT Standard? Mit ihren 20 Jahren ist die DECT-Technologie (Digital Enhanced Cordless Telecommunications) für die meisten Menschen sicherlich der Großvater der Funkstandards. Würden Sie es mir abnehmen, wenn ich da von Sexiness in punkto Qualität, Effizienz und Kosten sprechen würde?
Augenscheinlich ist die DECT-Technologie, eingeführt 1993, zwar vielen bekannt und weltweit millionenfach verbreitet, man sieht man in ihm keinesfalls eine innovative und zukunftsträchtige Technologie. Doch genau hier liegt der Denkfehler, denn in der Reife liegt die Kraft: Aus dem eben beschriebenen, 20-jährigen Prozess leitet sich eine sehr robuste, störungsarme und inzwischen auch sehr günstige Technologieform ab. Die Kostenvorteile ergeben sich, wie bei jeder Technologie, durch seine Verbreitung und diese ist im Falle von DECT gewaltig. Zudem fallen für das für DECT reservierte Frequenzband keine zusätzlichen Lizenzgebühren an. Die massenhafte Verbreitung von DECT krönt den Standard gegenüber neuen Konkurrenzprodukten wie ZigBee oder Z-wave zur unangefochtenen Übertragungs-Konvention und ermöglicht dadurch in Sachen Standardisierung weitere Vorteile.
Von der Kostenseite her denke ich, dass man DECT nun durchaus als attraktiver betrachten könnte, doch die eigentlichen Highlights liegen im Bereich Qualität und Effizienz. DECT wurde ursprünglich zur schnurlosen Übertragung von Sprache und Daten entwickelt und zunächst für qualitativ hochwertige Sprachübertragungen eingesetzt. Seither wurden Qualität und Leistung des Standards kontinuierlich weiterentwickelt und die Übertragungsgeschwindigkeit deutlich erhöht. Die Übertragung von Sprache benötigt zwar nicht mehr als 32kbit/s bis 64kbit/s, doch über eine Kanalbündelung können schon heute Musik- und Mediendaten mit bis zu 550kbit/s gesendet werden. Perspektivisch werden aus technologischer Sicht zeitnah Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 6Mbit/s möglich sein und dadurch zahlreiche weitere Anwendungsgebiete erschließen.
Bei der Übertragung von Mediendaten und qualitativ hochwertigem Sound geht es vor allem um die Reduktion der sogenannten Bild-Tonschere, also der Verzögerung zwischen dem was auf dem Bildschirm zu sehen ist und dem Ton, der aus den Lautsprechern kommt. Solange Kabel verlegt sind, stellt das kein Problem dar, aber sobald man keine Lust mehr auf eben diese Kabel, die durch das Wohnzimmer laufen, hat, wird man (vor allem bei aktuellen WiFi- oder Bluetooth-Verbindungen) auf dieses Problem stoßen. Das liegt an der relativ großen Latenzzeit der aktuell eingesetzten Technologien. Im Fall einer DECT-Verbindung würde die Latenzzeit maßgeblich vermindert und die Bild-Tonschere entfallen. Hinzukommt, dass sich das proprietäre Frequenzband von 1.880Mhz bis 1.900Mhz kaum mit einem anderen Funkstandard überlagert und so störungsärmer, zuverlässiger und mit einem bessern Durchsatz arbeiten kann.
Auch in Sachen Qualität sollte man also den Einsatz der DECT-Technologie durchaus noch einmal überdenken und nicht einfach als alte Technologie abtun. Zuvor sprach ich aber noch vom Thema Effizienz, auf das ich nun eingehen will.
Die kontinuierliche Weiterentwicklung des DECT Standards hat zu den umweltfreundlichen und energiesparenden Erweiterungen Eco DECT, Eco DECT Plus und DECT ULE geführt. Die ersten beiden Technologien sind für eine Reduzierung der Sendeleistung verantwortlich. Der DECT ULE Standard (Ultra Low Energy) ermöglicht es zusätzlich besonders energiearm zu operieren, sodass zum Beispiel in mobilen, kabellosen Geräten die Energie einer Knopfzelle ausreicht, um das Gerät über große Zeiträume mit Energie zu versorgen. Durch die uneingeschränkte Sendeleistung im Frequenzband sind trotz des geringen Energieaufwands Reichweiten von 40 bis 100 Metern in Gebäuden und bis zu 400 Metern im Freien möglich – und das ohne Repeater, wie sie WLAN-Anwendungen oder der Konkurrenzstandard ZigBee, oftmals benötigen und damit zusätzliche Energiekosten verursachen.
Aus meiner Sicht könnte man das als drittes, gutes Argument für DECT werten. Doch auch damit ist es noch nicht genug. Das wirkliche Potential und die langfristige Nachhaltigkeit des DECT Standards, so wie wir ihn bei Gigaset sehen und einsetzen, wird durch die zukünftige update-Fähigkeit in Form von Firmware-Updates entstehen. In seiner bisherigen Verwendung war es nicht notwendig Aktualisierungen für DECT zu entwickeln und auf Geräten aufzuspielen. Doch mit den neuen Einsatzmöglichkeiten des DECT Standards, Produkten wie dem Gigaset SL910 und zukünftigen Android-basierten Lösungen, auf dem immer neue Anwendungen installiert werden können, wird Gigaset dazu übergehen zukünftig DECT so zu verbauen, dass Updates möglich sind und DECT so zu einem noch nachhaltigeren und vielseitigeren Standard wird.
Genau weil wir in DECT einen so zuverlässigen, effizienten und qualitativ hochwertigen Standard sehen, werden wir diesen auch für unsere – erstmals auf der IFA 2012 gezeigten – Produktreihe Gigaset elements verwenden. Damit unternimmt Gigaset einen völlig neuen Schritt und verlagert den DECT Standard in das „Internet of Things“, indem elements das modulare, sensorbasierte System für vernetztes Wohnen, die DECT Technologie zur Kommunikation seiner Sensoren nutzt.
Sexy muss also nicht immer nur neu sein – sondern vor allem clever!
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