Sprachnachrichten: Fluch oder Segen?
5. November 2018 Veröffentlicht von Raphael DoerrZu welcher Gruppe gehört ihr? Zu den knapp 30 % der Deutschen, die nie Sprachnachrichten benutzen – oder den 70 %, die das zumindest ab und zu tun? Beim Thema Sprachnachrichten scheinen sich die Geister zu scheiden. Während vor allem Jugendliche und junge Erwachsene beinahe täglich Sprachnachrichten verschicken, tun sich alle ab 30 Jahre eher schwer damit. Woran liegt’s?
Effizient oder faul?
Nachrichten tippen? „Dauert zu lange“, „Ist zu unpraktisch“, „Und anstrengend ist es auch“, so die gängigen Antworten, wenn man sich auf der Straße nach Gründen umhört, warum Textnachrichten zunehmend unbeliebter werden. Tatsächlich steht das Thema Zeitersparnis und Schnelligkeit ganz oben auf der Liste der Vorteile von Sprachnachrichten. Und verschreiben und neu tippen gibt es auch nicht mehr. „Ist doch auch persönlicher“, heißt es außerdem.
Die Frage ist nun: Ist die Kommunikation über Sprachnachrichten nun unglaublich effizient oder einfach nur Ausdruck großer Faulheit? Klar, während man eine Sprachnachricht aufnimmt kann man locker noch Dinge nebenbei tun, sich zum Beispiel ohne größere Unfälle fortbewegen. Und wenn man schon mal am Reden ist, kann man locker auch gleich noch zwei bis drei Themen mehr bearbeiten. Genau da liegt aber für viele das Problem, zumindest für denjenigen, der sich die Nachrichten anhören muss. Denn: Man braucht gut doppelt so lange, um sich die Audiodateien nicht nur anzuhören, sondern auch zu verstehen. Bei Nachrichten, die teilweise fünf Minuten oder sogar länger dauern, kann man sich den Zeitverlust ungefähr ausrechnen.
Sind Sprachnachrichten persönlicher?
Sprachnachrichten sind Geschichten, kurze Storys aus dem eigenen Leben, aufgenommen wie ein Podcast mit exklusivem Inhalt. Textnachrichten sind dagegen meistens Informationen, lieblose Mitteilungen, von denen man sofortige Beantwortung erwartet. Im Schnitt sind es zwölf Stunden nach Versenden einer Textnachricht, bevor sich der Absender ignoriert fühlt.
Für Sprachnachrichten gelten hingegen andere Regeln. Es gibt keine Maximallänge, um eine Geschichte zu erzählen. Stattdessen gilt: Je länger die Sprachnachricht, desto mehr Zeit darf man sich mit der Beantwortung lassen. Erstmal braucht man schließlich Ruhe, um die Nachricht anzuhören – und noch mehr, um sie zu beantworten. Und dann erzählt man sich alles, was man so erlebt hat. Geschichten eben. Das kann auch romantisch sein. Vor allem ist es: persönlich.
Auf jeden Fall aber sind Sprachnachrichten die Zukunft. Der Trend geht zu mehr Audio, sei es als Podcast, bei der Nutzung von Sprachassistenten oder eben Sprachnachrichten. Wer sie jetzt schon nutzt ist also sowas wie ein Pionier. Auch, wenn eine der häufigsten Antworten nach wie vor lautet: „Kann die Nachricht gerade nicht abhören.“
Was denkt Ihr? Nutzt Ihr Sprachnachrichten?