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Datennutzung in Deutschland: Wir nutzen immer mehr mobiles Datenvolumen

17. August 2021 Veröffentlicht von Raphael Doerr

Ein Neandertaler würde heute noch telefonieren falls ihm Telefonica das Jahresvolumen seiner gesamten Kunden schenken würde. Wie das geht, kann man auf der Webseite des Unternehmens nachlesen. „Im vergangenen Jahr telefonierten Kunden im O2 Mobilfunknetz insgesamt deutlich mehr als 100 Milliarden Minuten. Aneinandergereiht wäre das ein Telefongespräch mit einer Dauer von mehr als 200.000 Jahren. Zum Vergleich: Hätte bereits ein Neandertaler zum Telefon gegriffen, wäre er heute noch nicht mit Telefonieren fertig.“ Die Zahlen die Telefonica jüngst veröffentlichte, sind ebenso beeindruckend wie das Rechenbeispiel mit dem Neandertaler. Eine Milliarde Gigabyte an Datenvolumen haben allein die 44 Millionen Telefónica/O2-Kunden in Deutschland im ersten Halbjahr verbraucht und damit einen Höchstwert in Deutschlands Mobilfunknetzen aufgestellt. Mit diesem Datenvolumen könnte eine ganze Neandertaler-Familie mehr als 1,5 Millionen Jahre am Stück Musik streamen.

Der Trend zu einer immer größeren Datennutzung setzt sich seit Jahren konsequent fort. So vermeldete Vodafone im gleichen Zeitraum einen Verbrauch von 662 Millionen Gigabyte, die im ersten Halbjahr durch sein Mobilfunknetz gerauscht seien. Das waren rund 30 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Um die Ausmaße des Datenanstiegs zu verdeutlichen: Im Gesamtjahr 2015 transportierte das O2 Netz noch 178 Millionen Gigabyte – ein Wert, den das Netz heutzutage beinahe pro Monat stemmt.

Die Gründe für den Anstieg des mobilen Datenvolumens: Immer mehr Menschen nutzen auf dem Smartphone oder dem Tablet Video- oder Musikstreaming, auch wenn sie nicht über WLAN mit dem Internet verbunden sind. „Unsere Kunden buchen immer größere Datenpakete, um ihre digitalen Anwendungen unterwegs zu nutzen“, so Telefónica-Deutschlandchef Markus Haas. Der Mobilfunkstandard 5G werde das Datenwachstum weiter beflügeln. Mit den neuen Übertragungsgeschwindigkeiten war es plötzlich normal, YouTube auf dem Handy zu nutzen (sogar in Full HD oder höher auflösend). Netflix und Amazon Prime Video kamen hinzu. Musik wurde seltener im WLAN daheim für die Nutzung unterwegs auf das Smartphone heruntergeladen. Spotify überträgt Songs jetzt bequem live per Stream – auf Wunsch auch in hoher Qualität.

Datennutzung in Deutschland

Neben dem Netz unterscheiden sich die verschiedenen Handyverträge und -tarife vor allem beim inkludierten Datenvolumen. 100 Megabyte, 1 Gigabyte (GB), 10 GB oder gar unbegrenztes Datenvolumen: Die Auswahl ist riesig, für jedes Budget ist was dabei. Laut Bundesnetzagentur wurde für das gesamte Jahr 2019 im Mobilfunknetz ein Datenverkehr von etwa 2,77 Milliarden Gigabyte angenommen. Laut einer Studie von Bitkom Research gab es im gleichen Jahr etwa 57,7 Millionen Smartphone-Nutzer in Deutschland. Pro Nutzer ergibt sich daraus ein monatlicher Traffic von knapp 4 Gigabyte. Dieser Verbrauch entspricht auch in etwa dem Ergebnis einer Umfrage des Statista Global Consumer Surveys.

Deutsche Mobilfunknutzer*innen tendieren zu Handyverträgen mit Datenvolumina unter fünf Gigabyte. Rund 23 Prozent der über 2.500 Befragten haben ein inklusives Datenvolumen von zwei bis drei Gigabyte, etwa 19 Prozent haben vier bis fünf Gigabyte und sieben Prozent kommen sogar mit weniger als einem Gigabyte aus.

Doch wenn die Deutschen beim Thema Datenvolumen so sparsam sind, warum dann dieser enorme Anstieg? Laut Handelsblatt hat sich im vergangenen Jahr die Kommunikation von Menschen weiter in den mobilen Bereich verlagert. Während die übers Festnetz telefonierten Minuten weiter rückläufig waren, schnellte das verbrauchte mobile Datenvolumen in die Höhe. Das zeigen Zahlen der Bundesnetzagentur.

Das Wasserglas-Beispiel

Man kann sich die verbrauchte Datenmenge ähnlich wie ein volles Wasserglas vorstellen: Schluck für Schluck (in diesem Fall Bit für Bit) wird es geleert, bis es ausgetrunken ist. Durch Aufladung geeigneter Zusatzpakete kann man aber das Wasserglas wieder auffüllen. Je nach Datendurst viertvoll, halb oder ganz voll. Besonders durstige Datenverbraucher greifen gerne zu einer Flatrate, mit der das Wasser unbegrenzt laufen kann. Und je größer die Download- und Uploadraten sind, desto mehr Wasser kann binnen kürzerer Zeit verwendet werden. Je nach Handytarif kommt es aber leider zu einer Drosselung wenn das vorgegebene Datenvolumen zur Neige geht, sprich eine bestimmte Anzahl von Gigabyte erreicht sind. Das ist dann so, als dürfte man bei großer Hitze seinen Durst zwar stillen, aber nach den ersten schnellen Schlucken nur noch langsam weitertrinken und am Ende sind nur noch Tropfen im Glas, um die Lippen zu benetzen. Und davor haben viele Anwender Angst. Sie wollen keine Datentröpfchen, sondern ein volles Gals, am besten gleich eine Datenquelle, die immer fließt. Also wird zusätzliches Datenvolumen gekauft oder man greift gleich zur Flatrate. Nun ist es ja nicht so, dass der Anwender das Wasserglas austrinkt, es sind vielmehr die Apps, die sich auf dem Smartphone tummeln und das Datenvolumen verbrauchen. Das sogenannte Datenvolumen ist mit die wichtigste Eigenschaft, die ein guter Datentarif bieten sollte. Das Datenvolumen gibt die in einem bestimmten Abrechnungszeitraum zur Verfügung stehende Gesamtdatenmenge an. Meist wird ein mobiler Datentarif im 30 Tage Rhythmus abgerechnet. Ist bei diesen Tarifen das Ende des Abrechnungszeitraumes erreicht, so steht, meist am Anfang jeden Monates, erneut das volle Datenvolumen zur Verfügung.

Neben der Surfgeschwindigkeit und dem Netz, spielt das im Tarif enthaltene Datenvolumen eine entscheidende Rolle bei der Tarifwahl. Denn, wird das vom Anbieter zur Verfügung gestellte Datenvolumen im gebuchten Zeitraum erreicht, wird die Geschwindigkeit meist auf GPRS (56 kbit/s) gedrosselt.

Da der Datendurst der Programme recht unterschiedlich ist, haben wir eine Übersicht der Anwendungen, die viele Daten benötigen, hier zusammengestellt. Die Informationen basieren auf den aktuellen Publikationen von Brigitte, Computerbild und Verivox.

  • WhatsApp Die gute Nachricht zuerst: Die vermutlich von den meisten am häufigsten benutzte App verbraucht am wenigsten Datenvolumen: maximal 10 Kilobyte pro Textnachricht, circa 80 Kilobyte mit Bild, pro Minute Video 12 bis 20 Megabyte, Anrufe circa 300 Kilobyte. Allerdings: Eine Gesprächsminute per WhatsApp verbraucht etwa ein Megabyte (1 MB) pro Minute. Videoanrufe sind deutlich datenhungriger
  • E-Mails Auch E-Mails sind nicht der Tod unseres Datenvolumens – 0,1 MB
  • Googeln Wer oft mal was nachgoogelt, darf das ruhig weiter machen – 0,2 MB pro Aufruf
  • Google MapsAls der Orientierungssinn verteilt wurde, hast du dich grad verlaufen? Kein Problem: Google Maps verbraucht nur 0,5 MB pro Aufruf
  • WebradioWer gerne über das Handy Radio hört, verbraucht 0,5 bis 1 MB pro Minute. Klingt nach wenig – aber nur, wenn man die Zeit im Auge hat…
  • eBook runterladenDu bist eine Leseratte, aber schon längst von Print auf Digital umgestiegen? Das kostet dich 1 MB
  • YouTube-VideosWer nach YouTube-Videos süchtig ist, verbraucht 1 bis 5 MB pro Minute (je nach Auflösung). Das heißt: Wer sich hier Filmsequenzen oder Ähnliches anschaut, verliert in summa recht viel Datenvolumen…
  • Video-TelefonieOb Skype oder Facetime: Wer sein Gegenüber beim Telefonieren sehen will, verbraucht 2 MB – und das pro Minute. Die Datennutzung nimmt bei Gruppenvideoanrufen erheblich zu. Zoom benötigt 810 MB pro Stunde, 1.35 GB pro Stunde und 2.4 GB pro Stunde für Gruppenkonferenzen in Standard-, 720p- und 1080p-Qualität
  • Musik-StreamingWer Lieder streamt, verbraucht zwischen 0,7 und 2,4 MB pro Minute. Auf der niedrigsten Qualitätsstufe verbraucht Spotify ca. 60 MB pro Stunde. Je besser die Audio-Qualität der Musik oder der Podcasts ist, umso höher ist der Verbrauch. Bei bester Qualität sind das immerhin gut 120 MB pro Stunde
  • Fotodateien hochladenSind sie groß, schlagen sie mit 4 MB zu Buche
  • Full-HD-Videos ansehenQualität hat ihren Preis: 50 MB pro Minute (!) kann dich ein gutes Video kosten
  • Facebook: Rund 3 Megabyte (MB) pro Minute. Videos werden auf vielen Smartphones automatisch abgespielt. Tipp: Autoplay-Funktion über die App-Einstellungen oder im Browser ändern. Dann wird sie nur noch in WLAN-Netzen aktiv oder ganz abgeschaltet
  • Instagram: Durch immer größere Bilder und Videos in den Storys ist der Datenverbrauch bei Instagram in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Ein Foto in der Timeline verbraucht ca. 1,5 bis 5 MB. Scrollst du eine Stunde durch den News-Feed, kann das etwa 220 MB in Anspruch nehmen
  • Whatsapp-Videos: Hochgeladene Smartphone-Videos sind je Minute zwischen 12 und 20 MB groß, wenn ein auf dem Smartphone gespeichertes Video verschickt wird. Über 16 MB blockiert Whatsapp den Versand. Tipp: Wird aus dem Whatsapp-Chat heraus gefilmt, ist ein vergleichbares Video nur 5 bis 6 MB groß. Die Whatsapp-Kamera lässt sich direkt in der Funktionsleiste des Chats öffnen
  • Snapchat: Benötigt viel Datenvolumen, weil die Inhalte im Hintergrund permanent neu geladen werden. So können rund 10 MB zusätzlich pro Tag entstehen. Wer eine Minute Videos („Snaps“) schaut, liegt bei rund 15 MB Datenverbrauch

Verschenktes Geld durch nicht genutzte Datentarife

Durch die Nutzung überdimensionierter Tarife lassen deutsche Handykunden jedes Jahr über 33 Milliarden Euro liegen. Der Hintergrund: Telekom, Vodafone und Telefonica packen in ihre Smartphone-Tarife gut siebenmal so viel Volumen wie üblicherweise benötigt. Das zeigt die aktuelle Analyse der Tarifexperten von Verivox. So verbrauchte der deutsche Durchschnittsnutzer laut Verivox im letzten Jahr 3 GB Datenvolumen im Monat. Das durchschnittliche Inklusivvolumen liegt aber bei 23 GB – also fast achtmal so hoch. Hinzu kommen Regelungen, bei denen bestimmte Inhalte wie Musik- oder Serienstreaming vom verbrauchten Volumen ausgenommen werden. Das viel zu üppige Inklusivvolumen wird also noch weniger belastet.

Somit zahlen viele Kundinnen und Kunden jeden Monat für Leistungen, die sie nicht oder nur teilweise benötigen. Das Sparpotenzial ist immens: Statt 47,59 Euro (durchschnittliche Kosten für 22 GB) fielen für 3 GB lediglich 6,54 Euro an – 86 Prozent weniger. Für alle Netzbetreiberkunden mit Laufzeitvertrag summiert sich die Ersparnis auf 33,8 Milliarden Euro, die rein rechnerisch jedes Jahr zu viel ausgegeben werden.

Eine unglaubliche Summe, die hier verschenkt wird. Was kann und sollte man also machen, um das Geld nicht zum Fenster rauszuwerfen? Experten raten sich die entsprechenden Apps herunterzuladen, um den Datenverbrauch jederzeit im Auge zu behalten. Bei Telefonica kann man dies mit der App „Mein O2. Neben der Verbrauchsanalyse können Kunden mit der Mein o2 App unter anderem ihre persönlichen Daten ändern, Tarifkonditionen nachschlagen, Zusatzoptionen buchen und Rechnungen kontrollieren. Vodafone-Kunden können dies über die „MeinVodafone App“ erledigen. Die für iPhone (bzw. iPad) und Android Geräte kostenlos zur Verfügung stehende App ermöglicht neben dem Check des Verbrauchs auch die kostenpflichtige Buchung von zusätzlichen Datenpaketen. Bei der Telekom geht der Datencheck über den Aufruf der Webseite pass.telekom.de oder www.datapass.de. Beide Internetadressen liefern das identische Informationsangebot und müssen lediglich im Browser des Smartphones eingegeben werden. Wichtig ist – das Abfragen des Inklusivvolumens funktioniert hier nur, sofern die Internetverbindung über das Mobilfunknetz hergestellt wird. Das WLAN muss hierzu im Smartphone ggf. deaktiviert werden.

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