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Telefonphobie Quelle: iStock.com/Feodora Chiosea

Die Angst vor dem Telefonieren – die Telefonphobie

17. Dezember 2020 Veröffentlicht von Raphael Doerr

In Zeiten wie diesen ist es nicht leicht sich jeden Tag zurecht zu finden, wenn jeder Tag neue Herausforderungen bringt. Zahlen bestimmen unser Leben, wir schauen jeden Abend in den Nachrichten wie sich die Reproduktionszahl R verändert, auf Fallzahlen und die 7-Tage-Inzidenzwerte, zählen im Kopf unsere Kontakte pro Tag zusammen, checken auf der Corona-App ob für uns ein Risiko besteht und blicken sorgenvoll auf die wachsende Zahl der Hotspots, die wie Pilze aus dem Boden schießen. Da fehlt gerade noch eine Telefonphobie – die Angst vor dem Telefonieren.

In Zeiten wie diesen suchen wir uns historische Vorbilder, Ratschläge und greifen auch mal zum Geschichtsbuch. Eine Corona-Pandemie gab es zwar noch nie zuvor, aber die Menschheit hat schon andere Krisen und Nöte durchlebt. „Vielleicht hält ja der ein oder andere Rat noch heute. „Mein Tipp: Jetzt muss man telefonieren.“ Paul Felix Schlesinger, berühmt geworden als Gerichtsreporter „Sling“, schrieb das vor fast genau 99 Jahren in der „Vossischen Zeitung“, die bis 1934 in Berlin erschien. „Meine lieben Freunde, kommt nicht zum Tee“, riet er damals den Lesern des Blatts. Statt sich zu treffen, sollten sie zum Hörer greifen. Dort könnten sie sich an einem Abend gleich mit zehn verschiedenen Familien unterhalten und das noch richtig billig,“ schreibt der Tagesspiegel.

Keine Panik vor dem Telefonieren

Das Telefon ersetzt in Zeiten wie diesen häufig den persönlichen Kontakt, man ist fast immer und überall erreichbar. „Kurz mal telefonieren, Termine machen beim Arzt oder Friseur – für die allermeisten Menschen ist das so normal wie atmen. Für manche aber ist es eine Horrorvorstellung – sie leiden an einer sozialen Phobie,“ schrieb der Spiegel bereits 2015. Und griff damit ein Thema auf, dass bis dato kaum bekannt war: Die Angst zu Telefonieren. „Telefonphobie ist keine eigenständige, klinische Diagnose“, erklärt Uschi Schöllhammer, Diplom-Psychologin und Telefontrainerin. Telefonangst gehöre zu den sozialen Phobien: Man hat Angst, vor anderen blöd dazustehen. „Von Telefonphobie spricht man, wenn jemand schon bei der Vorstellung, ein Telefonat führen zu müssen, schwitzt, wenn ihm die Hände zittern, er ein flaues Gefühl im Magen hat und die Stimme bebt.“ Einige Betroffene bekommen sogar Panikgefühle, wenn sie ans Telefonieren denken.

Kaum jemand von uns geht heute überhaupt noch ohne Telefon aus dem Haus. Da scheint die Vorstellung, dass jemand Angst vorm Telefonieren haben könnte, eigentlich absurd. Aber nicht nur Erwachsene haben dieses Problem, es trifft auch Jugendliche, das fällt nur nicht so auf, denn sie benutzen heutzutage andere Kommunikationswege. Der JIM-Studie 2018 zufolge nutzt nur noch jeder fünfte Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren das Smartphone zum Telefonieren. „Jüngere Nutzer kommunizieren hauptsächlich über verschiedene Messenger-Dienste – im Durchschnitt 36 Mal am Tag. Das geht rund um die Uhr, ist schneller und man kann sich nicht blamieren. Und genau darin sehen Psychologen den Grund für eine sogenannte „Telefonphobie“. Laut einer aktuellen Untersuchung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, wächst die Anzahl der Jugendlichen sogar, die das Telefongespräch aktiv meiden und Hemmungen davor haben.Die Begründung der Wissenschaftler: Viele junge Leute haben Angst vor einem Telefonat, bei dem man spontan und sofort auf Fragen des Gegenübers antworten soll. Auch für Nadine D. Wolf, eine auf Phobien spezialisierte Oberärztin der psychiatrischen Klinik am Uni-Klinikum Heidelberg, ist das veränderte Kommunikationsverhalten mit ein Grund dafür, warum viele Menschen so ungern Telefonieren. Philippe Wampfler, Medienpädagoge und Dozent an der Uni Zürich, beschreibt die Veränderung so: „Früher hatte man drei Möglichkeiten, wenn man sich den Rasenmäher des Nachbarn ausleihen wollte: telefonieren, einen Brief schreiben oder rübergehen. Heute schreibt man schnell eine WhatsApp. Das ist der Weg des geringsten Widerstands.“

Für die Heidelberger Psychiaterin Wolf gibt es eine Reihe von Gründen, warum jemand Hemmungen vor dem Telefonieren hat: „Angst, abgelehnt zu werden, Angst davor, sich am Telefon peinlich oder erniedrigend zu verhalten, oder einfach auch davor, dass man am Telefon ganz im Zentrum der Aufmerksamkeit steht und mit unbekannten Personen spricht.“

Du, ich versteh dich so schlecht

Besonders kritisch wird es, wenn wir zudem am Telefon schlecht verstanden werden, weil es in der Leitung knackt und knistert oder die Sprachqualität des Telefons einfach schlecht ist. „Du, ich verstehe Dich jetzt ganz schlecht,“ diesen Satz kennen wir alle und wir nehmen ihn meist persönlich. Nuschelt man etwa, spricht man undeutlich und leise, oder verschluckt am Ende des Satzes die Silben? Um angst- und stressfrei zu telefonieren, dafür gibt es zahlreiche Ratgeber oder Onlinekurse. „Meist fängt es aber schon mit der Wahl des richtigen Telefons an, weiß Manfred Heuermann, leitender Produktmanager bei Gigaset. Seine Empfehlung: „Augen auf beim Kauf, gerade bei einem DECT-Telefon muss die Klang- und Sprachqualität tadellos und optimal sein. Ohne eine hohe Verständlichkeit wird sonst das Telefonieren zum Stress.“. Für ältere Menschen ist es wichtig,  dass sie Gespräche auch direkt am Hörgerät annehmen können. Die Gigaset E720 Mobilteile ermöglichen dank Bluetooth 4.2 die komfortable Einbindung moderner Hörgeräte. So ist das Telefonieren stressfrei, man hat die Hände frei und die Sprachübertragung ist glasklar. Denn am Telefon „haben wir nur die Stimme“, sagt Alison Papadakis, Professorin für klinische Psychologie an der Johns Hopkins University, die sich mit Stress befasst. „Das kann für viele Leute nervenaufreibend sein, wenn man nicht gut verstanden wird.“ Etwas, das zum Beispiel in den Ohren des Telefonpartners zynisch oder bösartig klingt, könnte in Wirklichkeit ein gutgemeinter Ratschlag oder ein Witz sein, der, wenn man sich sehen könnte, mit einem Lächeln geliefert wird, aber woher weiß das der Gesprächspartner?

Spontan war gestern

Während andere Leute ohne Problem nach dem Hörer greifen und eine Person anrufen, wählen Personen, die Angst vor dem Telefonieren haben, meistens Kommunikation in Form von SMS, Nachrichten über Social Media Plattformen und E-Mails. Denn beim Schreiben lassen sich die meisten Aspekte, die wir beim Telefonieren so beängstigend finden, vermeiden. Wir haben Zeit, uns die Nachricht des Gegenübers in Ruhe durchzulesen. Zeit, um dann über eine passende Antwort nachzudenken. Und wir können diese dann notfalls noch mehrere Male umformulieren, bis wir zufrieden sind und sie schließlich abschicken. „Bei der schriftlichen Kommunikation sind mehr als 90 Prozent der Kommunikationsmuster wie Mimik, Gestik oder Betonung von Aussagen ausgeblendet. Man ist nicht sichtbar – und so weniger angreifbar. Beim Telefonat muss dagegen flexibel und spontan reagiert werden.“ so die Heidelberger Psychiaterin Wolf.

Tipps gegen die Telefonphobie

In ihrem Telefon-Knigge zeigt die Karrierebibel wie man stressfreies Telefonieren trainieren kann. Ein paar Anregungen und Tipps haben wir hier zusammengestellt.

Telefonieren Sie so oft wie möglich 

Es ist wie bei vielen anderen Ängsten auch: Wenn Sie sie überwinden wollen, müssen Sie sich ihnen stellen. Ja, das ist unangenehm und kostet eine ganze Menge Überwindung, ist aber auch die beste Möglichkeit, um tatsächlich langfristig die Telefonphobie zu besiegen. Anfangs müssen Sie sich vermutlich dazu zwingen, die eigene Vermeidungsstrategie hinter sich zu lassen, doch je häufiger Sie es schaffen, desto schneller überwinden Sie Ihre Angst. In erster Linie geht es darum zu sehen und zu merken, dass die Telefonate keine negativen Konsequenzen haben und Ihre Sorgen unbegründet sind. Je häufiger Sie feststellen, dass Telefonate gut verlaufen, desto leichter wird es Ihnen beim nächsten Mal fallen, zum Hörer zu greifen.

Reduzieren Sie den Druck 

Gerade am Anfang sollte der Druck beim Telefonieren möglichst gering sein, um keinen zusätzlichen Stress aufzubauen. Machen Sie es sich beispielsweise zu Hause mit einem Kaffee gemütlich, bevor Sie sich daran machen, Ihre Angst zu überwinden. Auch empfiehlt es sich, zunächst mit Freunden und Bekannten zu telefonieren. Dabei fühlen sich die meisten wohler und können sich leichter überwinden.

Bereiten Sie sich vor 

Eine der häufigsten Ängste am Telefon: Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Damit verbunden ist die Sorge, was der Gesprächspartner über einen denkt, wenn einem selbst die Worte fehlen. Hier hilft ein einfacher, aber effektiver Trick: Bereiten Sie sich genau auf das Telefonat vor. Was wollen Sie sagen? Welche Informationen benötigen Sie?
Sie können sich auch kurze Notizen machen, wenn Sie befürchten, vor Aufregung etwas zu vergessen.

Lassen Sie sich unterstützen 

Wird die Angst vorm Telefonieren, die Telefonphobie, zu einem immer größeren Problem, dass Ihre Lebensqualität negativ beeinflusst und das Sie alleine nicht in den Griff bekommen, sollten Sie darüber nachdenken, sich bei der Überwindung der Angst helfen zu lassen. Spätestens wenn die Angst mehr und mehr Ihren Alltag bestimmt, sollten Sie Ihren Arzt darauf ansprechen. Die meisten Ängste und Phobien lassen bereits nach einigen Stunden deutlich nach.

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