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WhatsApp Quelle: Rachit Tank auf Unsplash

WhatsApp: Bleiben oder gehen? Das ist die Frage.

21. Januar 2021 Veröffentlicht von Raphael Doerr

Wenn Edward Snowden, Whistleblower und Datenschutzaktivist sich outet und bekennt: „Ich verwende Signal jeden Tag“, und Elon Musk, der reichste Mann der Welt und Tesla-Chef auf Twitter seinen Followern empfiehlt: „Use Signal“, dann wird Otto Normalverbraucher stutzig und fragt sich möglicherweise, ob er seine Zahnpasta wechseln und lieber Signal ausprobieren sollte. Doch Snowden, Musk und Co. meinen dieser Tage keinesfalls die bekannte Zahnpastamarke, sondern den Messenger-Dienst mit gleichen Namen: Signal. Und hierbei geht es um ein ernstes Thema, den Datenschutz bei WhatsApp.

Die 22 Milliarden Dollar Idee

Die Idee erscheint rückblickend so einfach, dass man sich fragen könnte, warum man nicht selbst darauf gekommen ist: Eine Smartphone-App als SMS-Alternative, die Nachrichten über das mobile Internet verschickt. Dank dieser Idee sind die beiden WhatsApp-Gründer Jan Koum und Brian Acton steinreich geworden: Für 22 Milliarden US-Dollar verkauften sie den Messenger 2014 an Facebook. Heute ist WhatsApp mit mehr als zwei Milliarden Nutzern weltweit der erfolgreichste und beliebteste Chat-Dienst, gefolgt vom Facebook-Messenger mit 1,3 Milliarden Nutzern und WeChat aus China mit ca. 1,2 Milliarden Nutzern. Benutzer können über WhatsApp Textnachrichten, Bild-, Video- und Ton-Dateien sowie Standortinformationen, Dokumente und Kontaktdaten zwischen zwei Personen oder in Gruppen austauschen.

Sturm der Entrüstung

Nun stellte WhatsApp seine neuen Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor und sorgte damit für mächtigen Wirbel, denn Experten und Datenschützer befürchten, dass damit der Messenger-Dienst den Datenaustausch mit Facebook anstrebt. Wer den neuen Nutzungsbedingungen nicht zustimmt,  kann die App schon bald nicht weiter nutzen. Soweit die Fakten, doch anscheinend hat bei WhatsApp niemand mit dem Aufstand erboster und enttäuschter Anwender gerechnet, die nun in Heerscharen den Dienst verlassen. Entsprechend schnell bemühte sich das Unternehmen die Faktenlage neu zu interpretieren und machte klar, dass Europa hierbei eine Ausnahme darstellt.  Niamh Sweeney, Director of Policy von WhatsApp twitterte am 7. Januar 2021, dass durch dieses Update keinerlei Änderungen an den WhatsApp-Praktiken für den Datenaustausch mit Facebook für europäische Nutzer vorgenommen wird. Wegen der Kritik vor allem in Europa hat WhatsApp nun angekündigt, die AGB erst ab dem 15. Mai anzupassen und nicht wie geplant schon in diesen Tagen. WhatsApp will die Zeit nach eigenen Angaben nutzen, um falsche Informationen und Missverständnisse rund um das Update auszuräumen.

Was ändert sich wirklich?

Laut WhatsApp geht es bei den Änderungen vor allem darum, bessere Möglichkeiten für Kommunikation mit Unternehmen zu schaffen. An der sogenannten Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, mit der Chat-Inhalte nur für die teilnehmenden Nutzer, aber nicht einmal für WhatsApp selbst im Klartext sichtbar sind, werde nicht gerüttelt. Es sei auch keine erweiterte Datenweiterleitung an Facebook vorgesehen. Die neuen Nutzungsbedingungen ändern an all den WhatsApp-Datensammlungen tatsächlich wenig – und zwar auch außerhalb der EU. Denn genaugenommen hat man sich die Erlaubnis für den Zugriff auf die WhatsApp-Daten schon vor Jahren gesichert – mit einer Änderung der Nutzungsbedingungen im Jahr 2016. Damals hatten die User 30 Tage lang Zeit, einen „Opt-out“ vorzunehmen, also dieser Regelung zu widersprechen. Wer das damals getan hat, dessen Daten werden auch tatsächlich weiterhin nicht an Facebook durchgereicht. Alle, die diese Frist verpasst oder erst später ein Konto angemeldet haben, haben in dieser Hinsicht hingegen Pech gehabt.

Welche (kostenlosen) Alternativen gibt es?

Tatsächlich gibt es abseits der aktuellen Diskussion durchaus für jeden von uns Gründe, seine WhatsApp-Nutzung kritisch zu hinterfragen. Denn auch wenn die Konversationen dank Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gut vor den Augen von Facebook geschützt sind, sammelt das Unternehmen doch jede Menge Metadaten ein – von Bezahlinformationen bis zu den eigenen Kontakten und einer Fülle an Nutzungsdaten. Ist ja auch nicht gerade verwunderlich, bei einem Kaufpreis von 22 Milliarden US-Dollar.

Es schadet ja nie, sich nach Alternativen im Markt umzusehen, denn nicht jeder Anwender möchte, dass seine Daten an Facebook weitergeleitet werden. Wer sich jetzt im Netz schlau macht, der stößt verstärkt auf Namen wie Signal, Telegram, Threema, Wire, Wickr und Co.

Auch wenn diese derzeit noch wenigen Anwendern bekannt sind und viele erst in den einschlägigen IT-Medien nachlesen müssen, was sich hinter den Namen verbirgt, das Interesse der Wechselwilligen steigt. So haben Millionen neuer User letzte Woche die Signal-Server bereits in die Knie gezwungen. Mit einem solchen Zustrom an neuen Usern hatte wohl niemand gerechnet.

Sicher ist sicher oder nicht?

Derzeit wogt die Diskussion um „sichere Alternativen“  in den Medien hin und her. Während eine Gruppe die neuen Chat-Dienste lobt, warnen bereits andere Medien vor Sicherheitsrisiken.  So schreibt das Magazin Utopia auf seiner  Webseite: „WhatsApp-Alternativen: Sichere Messenger im Überblick. Es gibt gute WhatsApp-Alternativen, die besonders sicher sind und viel Wert auf Datenschutz und Anonymität legen. Bekannt sind zum Beispiel Telegram, Threema, Wickr und Hoccer.“ Die Alternative „Telegram“ wird hier als sicher dargestellt, doch das Computermagazin Chip warnt in einem Artikel auf der Webeseite vom 18.01.21 davor: „Viele Nutzer sehen sich jetzt nach sicheren und privatsphärefreundlichen Alternativen zu WhatsApp um. Oft fällt dabei der Name Telegram. Der Messenger gilt als sicher und ist äußerst beliebt – erst kürzlich knackte er die Marke von 500 Millionen aktiven Nutzern. Doch eigentlich ist der Messenger, der aus Russland kommt, ganz und gar nicht sicher.

Bleiben oder Gehen?

Am Ende muss jeder Anwender und jedes Unternehmen für sich entscheiden, ob es bei WhatsApp bleibt oder geht und welche Messenger-Dienste eine wirkliche Alternative darstellen. Dabei sollten die Themen Sicherheit, Datenschutz und Privatsphäre nicht zu kurz kommen. Sich vorschnell und ohne einen Plan B in neue Unsicherheiten stürzen bringt wenig, denn wie heißt es doch: Nichts wird so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Bis Mitte Mai haben die WhatsApp-User ja noch Zeit sich zu entscheiden, die sollten sie nutzen, um sich ausführlich zu informieren.

Wer sich informieren will, hier haben wir eine kleine Sammlung an Links zu möglichen Alternativen zusammengestellt.

Signal

Telegram

Threema

Wire

Wickr Me

Element

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